Akklimatisierung beim Bergsteigen
- Nico
- 11. März
- 4 Min. Lesezeit
Warum ist Akklimatisierung beim Bergsteigen so wichtig?
Wer sich in große Höhen begibt, sei es für eine Bergbesteigung oder eine mehrtägige Trekkingtour, muss sich mit dem Thema Akklimatisierung auseinandersetzen. Ab einer Höhe von etwa 2.500–3.000 Metern beginnt der Sauerstoffgehalt der Luft spürbar zu sinken. Ohne eine angemessene Anpassung des Körpers an diese Bedingungen kann es zu Höhenkrankheit kommen, die von leichten Kopfschmerzen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen wie Höhenlungen- oder Höhenhirnödem reicht.
Eine gute Tourenplanung hilft dem Körper, sich an den geringeren Sauerstoffgehalt beim Bergsteigen anzupassen und verringert das Risiko gesundheitlicher Probleme erheblich. In diesem Beitrag erfährst du, wie Akklimatisierung funktioniert, welche Strategien du anwenden kannst und welche Fehler du vermeiden solltest.

Die Anpassungen des Körpers
Der Körper reagiert auf die Höhe mit verschiedenen Anpassungen, um dem Sauerstoffmangel entgegenzuwirken:
Erhöhte Atemfrequenz: Der Körper versucht, durch schnelleres Atmen mehr Sauerstoff aufzunehmen.
Steigerung der Herzfrequenz: Das Herz schlägt schneller, um Sauerstoff effizienter im Körper zu verteilen.
Vermehrte Produktion von roten Blutkörperchen: Dies geschieht über einen Zeitraum von Tagen bis Wochen und verbessert die Sauerstoffaufnahme.
Erhöhte Lungenkapazität: Die Atmung wird tiefer, um mehr Sauerstoff aus der dünnen Luft aufzunehmen.
Strategien zur erfolgreichen Akklimatisierung
1. Langsamer Aufstieg – "Climb high, sleep low"
Eine der wichtigsten Regeln für eine erfolgreiche Akklimatisierung lautet: "Steige hoch, schlafe tief". Das bedeutet, dass du dich tagsüber langsam an größere Höhen gewöhnst, aber zum Schlafen immer wieder in tiefere Regionen absteigst. Eine empfohlene Steigerung ist ca. 500 Höhenmeter pro Nacht, um dem Körper Zeit zur Anpassung zu geben. In den Alpen lässt sich eine ideale Akklimatisierung oft nicht vollständig umsetzen. Realistisch betrachtet übernachtet man in der Berghütte, von der aus die Tour startet. Sofern man noch nicht an die Höhe angepasst ist unternimmt man von dort aus die Akklimatisierungstouren.
2. Pausentage einlegen
Alle 3–4 Tage sollte ein Ruhetag eingelegt werden, an dem sich der Körper erholen und die Anpassungsprozesse fortsetzen kann. An diesen Tagen können kurze Akklimatisierungswanderungen unternommen werden, aber ohne große Belastung. Das ist in den Alpen ebenfalls zu vernachlässigen da man recht schnell akklimatisiert ist für die 4000er.
3. Viel Flüssigkeit trinken
In großen Höhen verliert der Körper mehr Flüssigkeit, weil die Luft trockener ist und die Atmung intensiver wird. 3–5 Liter Wasser pro Tag sind empfehlenswert, um den Flüssigkeitshaushalt auszugleichen. Auch Kräutertees und isotonische Getränke sind sinnvoll.
4. Ausgewogene Ernährung mit Kohlenhydraten
Der Körper benötigt in der Höhe mehr Energie, um sich anzupassen. Eine kohlenhydratreiche Ernährung hilft, da Kohlenhydrate mit weniger Sauerstoff effizienter verbrannt werden als Fette oder Proteine.
5. Vermeidung von Alkohol und Nikotin
Alkohol und Nikotin wirken sich negativ auf die Sauerstoffversorgung des Körpers aus. Alkohol dehydriert den Körper zusätzlich, während Nikotin die Durchblutung hemmt.
6. Atemtechniken und bewusste Atmung
Tiefes und bewusstes Atmen kann die Sauerstoffaufnahme verbessern.
Erhöhte Sauerstoffaufnahme: Durch tiefes und langsames Atmen gelangt mehr Sauerstoff in die Lungen.
Beruhigung: Bewusste Atemtechniken können den Körper entspannen und den Stresspegel senken.
Bessere Kontrolle der Atmung: Besonders in stressigen Situationen (wie bei Höhenkrankheit) hilft bewusste Atmung, den Atem zu regulieren und ruhig zu bleiben.
Gefahr der Hyperventillation: Durch zu schnelles atmen kann es zu Schwindel, Krämpfe und in extremen Fällen zu Ohnmacht führen.
Symptome der Höhenkrankheit und Gegenmaßnahmen
Selbst mit guter Akklimatisierung kann es zu leichten Symptomen der Höhenkrankheit kommen. Es ist wichtig, diese frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Leichte Symptome (Höhenkrankheit – AMS)
Kopfschmerzen
Schwindel
Übelkeit
Appetitlosigkeit
Schlafstörungen
Maßnahmen:
Langsamer aufsteigen oder einen Ruhetag einlegen
Viel trinken
Ibuprofen gegen Kopfschmerzen
Tiefes und bewusstes Atmen
Schwere Symptome (HAPE & HACE)
Kopfschmerzen: Sehr starke und zunehmende Kopfschmerzen.
Übelkeit und Erbrechen: Häufiges Erbrechen und Übelkeit, auch bei normalen Flüssigkeitszufuhr.
Verwirrung: Verlust der kognitiven Fähigkeiten, Desorientierung und Gedächtnisstörungen.
Koordinationsstörungen: Schwierigkeiten beim Gehen oder Stehen.
Bewusstseinsstörungen: Von Benommenheit bis hin zu Bewusstlosigkeit.
Veränderte Wahrnehmung: Halluzinationen oder Sehstörungen.
Atemprobleme: Kurzatmigkeit und schnelle Atmung.
Husten: Trockener Husten, der sich später zu einem blutigen Husten entwickeln kann.
Schnelle Atmung: Erhöhte Atemfrequenz und unregelmäßige Atmung.
Brustschmerzen: Schmerzen oder Engegefühl in der Brust.
Bläuliche Hautfarbe (Zyanose): Besonders an Lippen und Fingern.
Sofortmaßnahmen:
Sofortiger Abstieg um mindestens 500–1.000 Meter
Sauerstoffzufuhr (falls verfügbar)
Hilfe anfordern (bei Expeditionen Satellitentelefon oder Funkgerät nutzen)
Effektive Akklimatisierung für eine schnelle Hochtour (2–3 Tage Vorbereitung)
Für viele Bergsteiger ist es nicht möglich, eine ganze Woche für die Akklimatisierung einzuplanen. Dennoch ist es wichtig, sich an die Höhe anzupassen, um die Risiken der Höhenkrankheit zu minimieren und die Leistungsfähigkeit zu steigern.
Prinzipien der schnellen Akklimatisierung
"Climb high, sleep low": Tagsüber auf höhere Höhen steigen, aber tiefer übernachten.
Hydration & Ernährung: Viel trinken und kohlenhydratreiche Kost bevorzugen.
Schrittweise Anpassung: Falls möglich, nicht direkt aus dem Flachland auf 3000 m übernachten.
Akklimatisierungsplan für einen 4000er in 2–3 Tagen
Tag 1: Anreise & erste Höhenanpassung
Anreise zum Startpunkt der Bergtour
Kurze Akklimatisierungswanderung oder mit Seilbahnunterstützung auf 2.500–3.000 m.
Übernachtung im Ort, um den Körper an die Höhe zu gewöhnen (im Vergleich zum Flachland)
Tag 2: Erste Nacht in mittlerer Höhe & leichte Tour
Aufstieg zur Berghütte
Nachmittags: Kleine Akklimatisierungstour auf einen kleinen Gipfel 3.200–3.500 m
Übernachtung in der Berghütte
Tag 3: Gipfeltag
Früher Aufbruch zur Besteigung des 4000ers.
Nach erfolgreichem Gipfelsturm Abstieg ins Tal.
Kann man die Höhenanpassung verlängern?
Ja! Es gibt einige Strategien, um die Akklimatisation länger aufrechtzuerhalten oder sie schneller wiederherzustellen:
Regelmäßige Höhenaufenthalte:
Wer alle 2–3 Wochen für ein paar Tage in die Höhe geht, kann seine Anpassung länger behalten.
Ein kurzes Training in mittlerer Höhe (2500–3000 m) alle paar Wochen kann den Effekt verlängern.
Höhenkammern oder Maskentraining:
Simulierte Höhe kann helfen, die Akklimatisation teilweise aufrechtzuerhalten.
Kürzere Reakklimatisierung bei erneuter Besteigung:
Wenn du innerhalb von 3–4 Wochen nach einer vorherigen Besteigung wieder auf einen 4000er gehst, passt sich dein Körper schneller an.
Auch mit wenig Zeit kannst du dich effektiv an die Höhe anpassen. Ein kurzer, gezielter Akklimatisierungsplan kann helfen, Höhenkrankheit zu vermeiden und die Leistungsfähigkeit am Gipfeltag zu steigern. Wer noch schneller aufsteigen muss, sollte vorher möglichst oft in mittleren Höhen unterwegs sein oder eine leichte 4000er-Tour als Vorbereitung einplanen.
Fazit: Gut geplant, sicher in die Höhe
Eine gute Akklimatisierung beim Bergsteigen ist der Schlüssel für einen erfolgreichen und sicheren Gipfelerfolg. Wer sich an die Regeln hält, langsam aufsteigt, viel trinkt und auf seinen Körper hört, minimiert das Risiko der Höhenkrankheit und steigert die Erfolgschancen auf dem Gipfel erheblich.
Jede Person reagiert unterschiedlich auf die Höhe – daher ist es wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und notfalls einen Gang zurückzuschalten.
Comments